Hintergrundswissen zu unseren Touren
Freiburger Stadtgeschichte(n)
to be continued

Catharina Stadellmenin, die Hexe von Freiburg
Aus der Tour „Hexen, Folter, Scheiterhaufen“
Hochgelobt, viel gelesen, oft zitiert: der Roman von Astrid Fritz „Die Hexe von Freiburg“. Doch was ist Wahrheit, was Fiktion? In Büchern werden reale Biografien detailreich ausgeschmückt. De facto ist aber über persönliche Lebenswege aus lange vergangenen Zeit oft wenig überliefert. Was wir jedoch mit Sicherheit von Catharina Stadellmenin wissen ist, dass Sie am 24. März 1599 in Freiburg als mutmaßliche Hexe hingerichtet wurde.
Um 1570 heiratete sie Michael Bantzer. Eigentlich eine gute Partie. Er angesehen, wohlhabend und saß als Zunftmeister der Schmiede im 30-köpfigen Stadtrat. Allerdings konnte von Liebesheirat keine Rede sein, was wir einem Originalzitat von Catharina Stadellmenin entnehmen können:
… er „habe sie gar schnöd und übel gehalten und besonders, wenn er trunken Weins gewesen, dass sie vor ihm fliehen müsse und manche halbe Nacht auf dem Dach gewesen sei, da er sie sonst übel geschlagen oder aus dem Haus gejagt hätte.“
Auch er vertraute sich einem Freund an und sagte, dass er 20 Jahre lang seinen ehelichen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei und stattdessen eine, ebenfalls verheiratete, Geliebte habe.
Das Wohnhaus des kinderlosen Paares war ganz standesgemäß am Fischmarkt, dem heutigen Bertoldsbrunnen. 1593 wurde Catharina Stadellmenin endlich von den Qualen ihrer Ehe erlöst. Michael Bantzer starb und sie kaufte kurz darauf das Haus „zur guten Stund“ in der Schiffstraße 14. Die mittlerweile ältere Dame nahm dort Studenten auf. Zeitweise ging es so lustig zu, dass sich die Nachbarn sich laut Original Zitat beschwerten, man „habe sie sehen tanzen und springen“. Neid, Missgunst und üble Nachrede führte letztendlich dazu, dass sie am 19. Februar 1599 der Hexerei bezichtigt und ins Predigertor gesperrt wurde. Nach zwei Wochen Verhör und Folter verlegten ihre Peiniger sie in ein anderes Gefängnis: das heute nicht mehr existierende Christoffelstor, wo die Tortur fortgesetzt wurde. Darauf hin verfasste sie am 15.3. ein Testament und gestand am 22.3. alles, was die Folter aus ihr herausgepresst hat: Dass sie eine Hexe sei, dass sie mit dem Teufel im Bunde stehe und den Menschen Übles wolle und ihnen Schaden zugefügt habe. Schon zwei Tage später fand die Hinrichtung der, aus Sicht der Obrigkeit „überführten Hexe“ statt. Vor den damaligen Toren der Stadt am heutigen Holzmarktplatz wurde sie enthauptet und ihre sterblichen Überreste an der Hinrichtungsstelle verbrannt. Diese befand sich damals weit außerhalb von Freiburg an der Landstraße nach Basel. In etwa dort, wo heute der Straßenname „Am Radacker“ auf die früher gängige Todesstrafe „rädern“ hinweist.
Catharina Stadellmenin steht stellvertretend für die vielen Opfer der Hexenverfolgung, die in ganz Europa wütete.
Wo Mann seine kurze Freud´ hatte!
Aus der Tour „Henker, Huren, Lasterleben“
Es liegt auf der Hand, dass ein Henker Verurteilte aufhängte – daher der Name. Und naheliegend ist, dass er andere Todesurteile, wie Enthaupten, Rädern und auf dem Scheiterhaufen Verbrennen vollstreckte. Aber er hatte daneben weitere unbekanntere Aufgaben. Da er sich – nach Meinung der ehrenwerten Bürger – sowieso die Hände schmutzig machte, übertrug die Stadt ihm zudem: foltern, Kadaver entsorgen, Selbstmörder bestatten, die „Schissgruben“ leeren und über die „schlampigen Weiber“ wachen. Damit war gemeint, dass er als sogenannter Frauenwirt der Aufseher im „Haus zur Kurzen Freud“ war. Ein durchaus lukrativer Job. Denn in besagtem, wohlgemerkt öffentlichem Etablissement hatten die Herren mit etwas mehr Taschengeld ihr schnelles Vergnügen und Stadt und Henker verdienten mit! Die Damen, die dort arbeiteten, waren zwar offiziell gesellschaftlich verachtet, aber unter der Hand sehr gefragt. Das heißt, Prostitution war schon seit dem Mittelalter ein erlaubtes notwendiges Übel, bei dem der Mann sich seines Testosteron bedingten Stress entledigte. So sah es jedenfalls die katholische Kirche. Und für die Stadt und ihren berufenen Henker war es eine exzellente Einnahmequelle.
Ist´s Ostasien oder doch etwas ganz Neues?
Aus der Tour „Münster. Tore, Stadtlegenden“
Einer der berühmtesten Absolventen der Freiburger Universität des ausgehenden Mittelalters ist Martin Waldseemüller. Sein Name ist den meisten nicht bekannt, aber sein Werk kennen 8 Milliarden.
Er kam in Wolfenweiler zu Welt und zog im Alter von ungefähr 6 Jahren 1480 mit seinen Eltern nach Freiburg. Zehn Jahre später begann er mit dem Studium der Geographie. Seine ganze Leidenschaft galt der Erstellung neuer Landkarten. Man hatte es schon munkeln hören, dass es im Westen Europas eine große Landmasse gab. 1493 war Christoph Kolumbus von seiner Reise über den Atlantik zurückgekehrt und bestätigte das Gerücht. Doch war das der östliche Rand von Asien oder ein unbekannter Kontinent? Kolumbus war davon überzeugt, dass er einen neuen Seeweg nach Indien entdeckt hatte, aber nicht alle teilten seine Meinung. Der Seefahrer Amerigo Vespucci fuhr in gleiche Richtung und schilderte danach in seinem 1502 gedruckten Reisebericht detailreich, dass es ein neuer Erdteil sei. Kolumbus und andere glaubten das nicht, aber Martin Waldseemüller griff den Gedanken auf und erstellte 1507 nach Vespuccis Aufzeichnungen eine Weltkarte – mit einem Meer zwischen dem neu entdeckten Kontinent und Asien. Zum Glück bekam Kolumbus davon nichts mehr mit, denn er war ein Jahr zuvor verstorben. Es hätte ihn bestimmt gefuchst, zumal der Kartograph im Kommentar zu seinem Werk schrieb:
„Ich wüsste nicht, warum jemand mit Recht etwas dagegen einwenden könnte, diesen Erdteil nach seinem Entdecker Americus, nämlich Land des Americus oder America zu nennen.“
Und so beschriftete er den Kontinent mit dem Namen „America“ – nach Amerigo Vespucci. 1513 ruderte Waldseemüller nochmal zurück und benannte die Landmasse in einer anderen Karte wieder „terra incognita“ also „unbekanntes Land“. Aber da war es schon zu spät, ganz Europa sprach bereits von Amerika.
Lange galten die ursprünglich 1000 Drucke dieser Weltkarte als verschollen, doch 1901 wurde ein Exemplar im Schloss Wolfegg (Baden-Württemberg) wiederentdeckt. Aber wo ist dieses wertvolle kulturelle Erbe heute? In Freiburg, wo Waldseemüller aufwuchs und ausgebildet wurde? In Wolfenweiler, wo er geboren ist? In St. Die (Elsass), wo er die Karte zeichnete? Nein! Bundeskanzler Gerhard Schröder hob 2001 das gesetzlich festgelegte Ausfuhrverbot für Kulturgüter auf, so dass das einzige verbliebene Exemplar für 10 Millionen Dollar in die USA, an die Bibliothek des Kongresses, verkauft wurde. Aber uns Freiburgern bleibt zumindest der Stolz, dass einer von uns dem Kontinent und dem Land Amerika seinen Namen gab.
Nichts als Pfusch am Bau?
Aus der Tour „Bächle, Gaukler, Lumpenpack“
Als die Freiburger um 1200 den Grundstein für das Münster legten, dachte niemand daran, dass bis zur Fertigstellung gut 300 Jahre vergehen würden. Über diesen langen Zeitraum änderte sich der bevorzugte Baustil immer wieder und so wurden die Baupläne mehrfach überarbeitet. Ganze Generationen von Baumeistern gaben dafür ihr Herzblut! 1349, nachdem man schon einhundertfünfzig Jahre am Bau zugange war, brach die Pest erstmalig in Freiburg aus und riss über Jahrzehnte immer wieder ein kräftiges Loch in die leidgeplagte Bevölkerung. Der Alltag der Überlebenden war von Hunger, Armut und Existenznot gezeichnet und niemand dachte etwa 100 Jahre daran, an der mittlerweile verwaisten Baustelle weiter zu arbeitete. Erst 1471 erschien endlich Licht am Ende des Tunnels. Hans Niesenberger, der sich in Europa einen Namen als talentierter Baumeister gemacht hatte, wurde für den Rest seines Lebens in Freiburg verpflichtet. Allerdings erlaubte man ihm, weiterhin an anderen Monumentalbauten, wie zum Beispiel dem Ulmer Münster, mitzuwirken. Dies führte dazu, dass er nur selten vor Ort war. Und hier im Breisgau benötigte man seine hochgelobte Expertise dringend, denn die halb fertigen Mauern des Chores neigten sich bedrohlich. Hans Niesenberger begutachtete alles, zeichnete Pläne, wies die Arbeiter ein und verschwand dann monatelang. Immer wieder kam es vor, dass Elemente nicht zusammen passten oder gar Wände einstürzten. Unter der Hand wurde gemunkelt, dass der emsige Baumeister doch nicht so begabt war, wie man vom Hörensagen wusste. Als der Stadtrat die fertigen Fenster am Chor des Münsters besichtigte, war er über der völlig schiefen Bögen entsetzt! Zwei Mal stand Niesenberger wegen augenscheinlichen Baufehler vor Gericht, zog seinen Kopf zunächst aber aus der Schlinge. 1491 war das Fass voll und man hatte genug vom „Pfusch am Bau“. Er wurde ins Gefängnis geworfen, abgeurteilt und der Stadt verwiesen. Dies trieb ihn nach Italien, wo er sich an der Kuppel des Mailänder Doms zu schaffen machte. Ein heikles Unterfangen, denn seine Vorgänger hatten ihm wenig stabil erscheinende Stützpfeiler hinterlassen. Und so dauerte es nur drei Jahre, bis alle sahen, dass das völlig instabile Dach des Domes im wahrsten Sinne des Wortes nicht hielt, was sie versprach. So wurde Hans Niesenberger 1486 abermals in „Schimpf und Schande“ davon gejagt. Gleiches Schicksal ereilte ihn am Straßburger Münster. Diese Niederlagen ruinierten seinen Ruf nachhaltig. Vielleicht ungerecht? Denn aus Ulm, Basel und Ravensburg, wo er am Bau des jeweiligen Gotteshauses beteiligt war, kamen keine Klagen. Und wenn wir ehrlich sind, so sind die Chorfenster in Freiburg zwar nicht symmetrisch, aber dafür seit über 500 Jahren stabil!
Von alten und alten Namen
Aus der Tour Wächter, Gauner, düstre Gassen“
Heute geben die Menschen ihren Booten oder Wohnmobilen Namen. Früher galt das für Häuser, zumindest bis zur Einführung der Hausnummern um 1760. Oft spiegelten die Bezeichnungen etwas über das jeweilige Gebäude oder die Bewohner wieder. Manch Wortbedeutung änderte sich allerdings im Lauf der Zeit. Das Haus „zum geilen Fisch“ in der Rathausgasse bezieht sich zum Beispiel auf den alten Begriff „geil“ im Sinne von „kräftig gewachsen, fett“.
Im „Haus zur großen und kleinen Meise“erblickte Joseph Brugger 1796 das Licht der Welt. Das Gebäude hatte schon lange diesen Namen, aber auf wohl keinen Bewohner traf es mehr zu, als auf den Pfarrer und Gymnasiallehrer. Er war fanatischer Anhänger der deutschen Kultur und Sprache und tat dies gerne nach einem durchzechten Abend in den Freiburger Kneipen kund. Er forderte vehement, ausschließlich urdeutsche Worte zu verwenden. Als Beispiel nannte er: Dörrleiche statt Mumie, Arzneikügelchen für Pille und Lacherregkunst ist die Komik. Er steigerte sich immer mehr in diese extreme Sichtweise hinein und verfasste 1855 das „Fremdwörterbuch für das deutsche Volk mit 14000 Fremdwörtern“. Eigentlich ganz amüsant, wenn es nicht den Untertitel „mit neuen Übersetzungen, die nicht blos zum Verständniß dienen, sondern auch zum Verdrängen derselben durch deutsche Wörter im Leben geeignet sind.“ Und hier zeigt sich Bruggers Motivation für all seinen Eifer: Nationalismus! Es ging ihm primär um das deutsche Volk um die Eliminierung fremder Einflüsse. „Uffpasse“ wie wir in Freiburg sagen. „Aufpassen“, denn Sprache beeinflusst unsere Geisteshaltung.